Leseprobe: Unter der Fuchtel - Seite 3
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Nun hatte Harriet bewiesen, dass sie in puncto Körperstrafen keine Hemmungen kannte: Sie verdonnerte ihre Schülerin Ellen zu dreißig Stockhieben. Ellen musste sich über die Schulbank legen, vorher ihren Rock nach oben schlagen und das Höschen runterziehen. Dass sie das in Gegenwart ihres jüngeren Bruders tun musste, empfand sie natürlich als besonders beschämend und erniedrigend. Die Züchtigung auf das nackte Gesäß war damals allerdings nichts Ungewöhnliches. Mit dieser spontanen – meiner Meinung nach unangemessen harten – Bestrafung wollte Harriet sich Respekt verschaffen, ihre Zöglinge sollten wissen ›wo der Hammer hängt‹. Ellen war nur vier Jahre jünger als Harriet; sie war ihr, was die körperliche und geistige Entwicklung anging, durchaus ebenbürtig. Deshalb war es Harriet besonders wichtig, der Schülerin eindrucksvoll zu zeigen, wer das Sagen hatte. Die Erziehungsziele in der viktorianischen Epoche lauteten: Gehorsam, Fleiß, Pünktlichkeit und Reinlichkeit, um nur einige zu nennen.
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Am Abend ging ich in die Küche, um das befohlene Bad zu nehmen, ein Zuber mit warmem Wasser stand bereit und Mrs. Plimsoll und Babsi warteten schon mit Bürsten und Seife in den Händen. Wieder errötete ich vor Scham, ich konnte es nicht fassen, dass ich so erniedrigt werden sollte.
»Aber ich muss mich nicht ganz ausziehen und ich muss auch nicht in den Zuber steigen, nicht wahr?«, sagte ich mit gepresster Stimme und vermied es vor allem, Babsi in die Augen zu sehen.
»Ich fürchte doch«, antwortete Mrs. Plimsoll, »Miss Marwood hat es angeordnet und wenn du nicht gehorchst, muss ich es ihr melden – ich weiß nicht, ob das gut für dich wäre.«
»Ich kann nicht«, sagte ich mit einem Blick auf Babsi.
Darauf befahl Mrs. Plimsoll: »Babsi, du gehst bitte hinaus.«
»Och, wie schade«, maulte Babsi und nachdem sie noch einen Klaps auf den Po bekommen hatte, zog sie einen Schmollmund und verließ die Küche.
Mrs. Plimsoll blickte mich erwartungsvoll an. »Nun? Wird’s bald?«
Mit einem abgrundtiefen Seufzer zog ich mich bis auf die Unterhose aus.
»Weiter! Komm, Junge, es hat keinen Zweck, wenn du dich sträubst.«
Ich zog die Unterhose aus und bedeckte sofort meine Schamgegend mit den Händen.
»Na, na, na, so schlimm ist es doch nun auch nicht, meinen Mann – Gott hab ihn selig – habe ich auch immer abgeschrubbt, komm, nimm die Hände da weg und lass dich einmal ansehen.«
Ich gehorchte schließlich und Mrs. Plimsoll betrachtete mich von allen Seiten.
»Du bist ein hübscher Bursche«, meinte sie dann und verpasste mir ein paar kräftige Klatscher auf meine blanke Kehrseite. »Und du hast einen bildschönen Hintern. Und nun hinein da!«
Vor Scham halb ohnmächtig stieg ich in die Wanne und versuchte mir einzureden, dies alles sei nur ein böser Traum. Mrs. Plimsoll begann mich mit der Bürste abzuschrubben, wobei sie nicht gerade sanft mit mir umging.
»Das ist sehr gut für die Haut«, erklärte sie mir, »hinterher werde ich dich noch mit eiskaltem Wasser übergießen, das härtet dich gut ab.«
In diesem Augenblick hasste ich Miss Marwood, wie konnte sie nur zulassen, dass ich so gedemütigt wurde. Erst später verstand ich, dass Beschämung und Erniedrigung Bestandteile ihres Erziehungskonzeptes waren, sie wollte meinen männlichen Stolz brechen und mich Frauen gegenüber unterwürfig und gefügig machen.