Leseprobe: Fesselnde Überstunden von Tanja Russ
1. Fitness ist geil
Ich bin topfit. Noch nie war ich so durchtrainiert, wie ich es im Moment bin. Dabei bin ich noch nicht einmal besonders ehrgeizig. Auch kein extremer Bewegungsjunkie. Schuld an meiner Fitness ist dieser Typ, der seit zwei oder drei Monaten bei uns im Studio trainiert. Er ist kein George Clooney oder Brad Pitt. Ein ganz normaler Typ von nebenan. Dunkelblond, schlank, T-Shirt, schwarze Trainingshose. Er ist kein Bodybuilder und das ist auch gut so. Ich stehe nicht auf diese muskelbepackten Kerle. Der Mann hat was, das meine Fantasie beflügelt. Ich mag sein Lächeln, auch wenn ich es selten zu sehen bekomme. Nicht, dass er ein Miesepeter wäre, aber Sport ist nun einmal anstrengend. Da gibt es nicht so viel zu lachen.
Leider scheint er keine festen Trainingszeiten zu haben. Deshalb bin ich viel öfter im Studio, als mich mein sportlicher Ehrgeiz dort hinzieht.
Heute ist es relativ voll. Ich verschaffe mir einen kurzen Überblick über die Leute an den Geräten. Da! Er ist da! Mein Herz macht einen kleinen Hüpfer. Er trainiert auf dem Stepper. Dort habe ich in schon öfter gesehen.
Ich wähle ein Fahrrad, um meine Muskeln aufzuwärmen, weil ich ihn von da am besten im Auge behalten kann. Er hat Kopfhörer in den Ohren. Auf welche Musikrichtung er wohl steht? Es muss etwas Fetziges sein, denn er hat ganz schön Elan.
Mir fällt auf, dass er seine Blicke durch den Trainingsraum schweifen lässt. Holla, der checkt die Mädels hier! Er tut das sehr unauffällig, stiert niemanden blöd an. Ich bemerke es nur, weil ich ihn so genau beobachte. Ob er mich auch schon abgecheckt hat? Ich schaue an mir hinab. Unförmiges Schlabbershirt mit verwaschenem Schriftzug darauf und auch meine ausgeleierte Jogginghose hat schon bessere Zeiten gesehen. Hat mich bisher nie gestört. Hier trainieren völlig normale Leute, keine aufgedonnerten Tussen und Showboys. Trotzdem, jetzt ist mir mein nachlässiger Look unangenehm. Ich brauche dringend neues Sportzeug!
Nach dem Training springe ich schnell unter die Dusche. Dabei träume ich mit offenen Augen, stelle mir vor, er käme jetzt rein und stellt sich zu mir unter den Wasserstrahl. Ja, ich weiß, sie würden ihn rauswerfen, wenn er sich in die Frauendusche verirrt. Schade, diese Fantasie wird wohl niemals wahr werden.
Zwei Tage später gehe ich wieder ins Studio. Den gestrigen Nachmittag habe ich genutzt, um Sportklamotten zu shoppen. Mein neuer Look ist gewagt. Kurze Hose aus schwarzglänzendem Lycra, die eher schon als Hotpants durchgeht. Ich habe sie eine Nummer kleiner genommen, damit sie schön knapp sitzt. Dazu ein ziemlich figurbetontes orangefarbenes Shirt. So kurz, dass es beim Trainieren hochrutschen und immer mal ein Streifen Haut zu sehen sein wird.
Ob er heute kommt? Wahrscheinlich nicht. Er war ja erst vorgestern da. Hach, ich kann es nicht abwarten. Es treibt mich ins Studio. Wenn er nicht da ist, kann ich mich zumindest schon mal daran gewöhnen, mich in diesem Outfit in der Öffentlichkeit zu zeigen. In der Umkleidekabine werfe ich einen letzten Blick in den Spiegel. Gewagt … aber dank ihm und meinem verdammt häufigen Training sind meine Schenkel straff und mein Hintern knackig. Ich kann mir den neuen Look erlauben, stelle ich zufrieden fest und betrete beschwingt den Trainingsraum. Im Vorbeigehen grüße ich Olli: Trainer, Aufsicht und Getränkeverkäufer in einem. »Wow! Heiß, Jasmin!«, ruft er mir nach und stößt einen Pfiff aus.
»Danke,« rufe ich lässig über die Schulter und wackele provozierend mit dem Arsch. Kaum angekommen und schon ein Kompliment eingeheimst. Ich kann mich gerade noch zurückhalten eine Pirouette zu drehen.
Heute gehe ich auch mal auf den Stepper. Kann ja nicht schaden, Oberschenkel und Hintern noch ein bisschen mehr zu trainieren.
Ich bin höchstens drei Minuten auf dem Gerät, habe mich gerade eingegroovt, da kommt ER rein. Wow, damit hatte ich nicht gerechnet. Mein Herz schlägt einen Purzelbaum. Jetzt bloß nicht stolpern. Ich möchte mich bitte nicht blamieren. Er steuert ebenfalls die Stepper an, lässt dabei den Blick durch den Raum schweifen und bleibt an mir hängen. Weil ich ihn beobachte, ohne dass er es mitbekommt, sehe ich, wie sein Blick zuerst auf meiner Hose verweilt. Moment mal, der schaut mir doch wohl nicht genau in den Schritt, oder? Ich sollte empört sein, aber ich spüre lediglich ein lustvolles Ziehen in meinem Schoß und muss mich konzentrieren, um nicht doch noch aus dem Takt zu geraten. Seine Augen wandern weiter zu meinen Brüsten. Ja, ich weiß, die kommen in dem engen Shirt ziemlich gut zur Geltung. Dann erst sieht er mir ins Gesicht. Was soll ich von der Reihenfolge halten? Vielleicht einfach nur, dass meine Shoppingtour erfolgreich war. Ich kann mir ein kokettes Grinsen nicht verkneifen.
Unsere Blicke treffen sich und ihm scheint bewusst zu werden, dass ich ihn schon eine Weile beobachtet habe. ›Ja, ich hab dich erwischt mein Lieber!‹
Doch das scheint ihm nicht peinlich zu sein. Er zwinkert mir zu und grinst mich verschmitzt an. Wow, ich mag sein Lächeln wirklich! Ich sag ja, der Typ hat was!
Er steigt auf einen Stepper in meiner Nähe und legt los.
Eine Viertelstunde später bin ich fertig mit dem Aufwärmen und beginne mein Zirkeltraining. Ab und zu schaue ich zu ihm rüber, ansonsten verläuft das Training ziemlich ereignislos – zumindest, bis ich mich auf den Adduktorentrainer begebe. Ich spreize die Schenkel, um die Gewichte, im unteren Bereich der Oberschenkel, nach außen zu drücken. Gerade als ich die Beine wieder schließe, um die Spannung zu lösen, besetzt er den Butterfly direkt gegenüber. Er hebt die Arme im rechten Winkel, umfasst die Griffe und drückt die Gewichte in Brusthöhe auseinander. Während ich meine Übung absolviere, guckt er mir ungeniert zwischen die Beine. Ich bin verlegen, verunsichert und spüre gleichzeitig wieder dieses lustvolle Ziehen in meinem Schoß. Er steht auf.
›Was denn, hat er doch keine Lust auf das Gerät … oder den Anblick? Oh, hey er kommt zu mir rüber.‹
Herausfordernd grinst er mich an und legt ein Gewicht mehr auf.
›Nanu, was soll denn das jetzt? Glaubst du vielleicht, das krieg ich nicht hin? Na warte, du wirst schon sehen!‹
Ohne ein Wort nimmt er seinen Platz am Butterfly wieder ein. Er wirft mir einen auffordernden Blick zu und drückt die Gewichtstangen langsam auseinander. Dann hält er die Spannung, ganz so als würde er auf mich warten.
›Ach was? Du möchtest, dass wir unsere Übungen synchron absolvieren? Bitte sehr.‹ Ich spreize die Beine. Hui, das eine Gewicht mehr zieht ganz schön. Er hält die Anspannung in seinen Armen und schaut mir dabei erneut ungeniert in den Schritt. Meine Schenkel beginnen zu zittern. Endlich sieht er mir ins Gesicht, nickt und lässt den Butterfly gemächlich zurück in die Ausgangsposition gleiten. Ich folge seinem Beispiel.
Er wartet eine halbe Minute. So ungefähr jedenfalls. Fasziniert von seinem Lächeln bekomme gerade nicht viel mit. Wieder trifft mich sein auffordernder Blick und ich drücke die Gewichte mit ihm zusammen auseinander. Er die Arme, ich die Beine. So trainieren wir eine ganze Weile. Ich habe vergessen mitzuzählen, wie oft wir die Übung absolvieren. Meine Oberschenkel zittern immer heftiger. Er macht größere Pausen und hält die Spannung nicht mehr so lange.
Er führt mich! Wahnsinn! Mir wird heiß, als ich das erkenne. Das spornt mich an und ich halte mehr Wiederholungen durch, als ich jemals an dem Gerät absolviert habe. Und das sogar obwohl ein Gewicht mehr aufliegt! Doch er bemerkt, wie schwer mir jede weitere Runde fällt, sieht, dass ich nicht mehr kann, steht auf und kommt zu mir herüber.
Ende der Leseprobe
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